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iPod Umbau: Interview mit Jan von electro-space.de

Auf der Suche nach interessanten Blogbeiträgen, bin ich über die gute alte Bloggerei auf Jans privaten Blog Electro-Space aufmerksam geworden. Dort sprang mir in der Seitenleiste sein iPod-Umbau Projekt in die Augen. Hier bietet Jan gegen eine Aufwandsentschädigung und Übernahme der Materialkosten an, den Speicher von Apples iPod classic, auf SD-Karten mit bis zu 1 TB aufzurüsten und mit einem neuen Akku die Laufzeit auf 125 Stunden zu erweitern. Zustande kam sein Angebot an jeden Interessierten, nachdem er selbst seinen eigenen iPod aufgerüstet hatte und es derzeit immer noch keinen „MP3-Player“ gibt, der an den iPod classic von Apple herankommt, der inzwischen natürlich nicht mehr produziert wird.

Ich war sofort faziniert davon „alter“ Technik wie dem iPod ein Upgrade zu verpassen und vor allem das Upgraden von Apples iPod quasi ehrenamtlich auch anderen Leidensgenossen anbietet, was vor allem im Streaming-Zeitalter besonders ist. Dazu gingen mir einige Fragen durch den Kopf. Grund genug, ein Interview mit Jan anzufragen, dem er freundlicherweise zugestimmt und mir Rede und Antwort gestanden hat.

Christopher: Bevor du deinen iPod classic aufgerüstet hast, hattest du zwei alternative MP3-Player genutzt. Warum waren diese nicht das Gleiche wie der iPod classic? Liegt es an Apples typischem Anspruch an Design und Benutzerfreundlichkeit?

Jan: Die kurze Antwort ist Nein. Ich hatte so gegen 2007 meinen ersten dedizierten MP3-Player, einen von Samsung. Letztlich sind alle MP3-Player relativ ähnlich aufgebaut, d.h. die Steuerung funktioniert über ein hierarchisch strukturiertes Menü. Ob ich da nun mit einem touch-sensitiven Scrollrad oder mit einer Wipptaste durchnavigiere, macht für mich keinen großen Unterschied. Ich bin als Kind der frühen 90er mit MS-DOS groß geworden und da sehr leidensfähig 😉Was für mich aber entscheidende Punkte waren, die für den iPod classic gesprochen haben, war der Speicherplatz und die Laufzeit. Alle Player, die ich nach dem iPod gekauft hatte, gaben nach 1-2 Tagen auf. Während der iPod deutlich länger lief.

Christopher: In meinem Bekanntenkreis kenne ich niemanden, der einen MP3-Player für das Hören von Musik nutzt. Warum ist es bei dir das separate Abspielgerät? Nutzt Du dennoch das Smartphone gelegentlich fürs Musikhören?

Jan: Das hat zum einen historische Gründe. Wie schon gerade erwähnt, hatte ich seit 2007 einen MP3-Player. Bis sich Plattformen wie Spotify durchsetzten, mussten ja einige Klippen umschifft werden. Als da wären: Funklöcher, bezahlbare Mobilfunkverträge, wo das Volumen ein Streaming hergibt usw. Das wäre der historische Aspekt. Dann kommt noch dazu, dass ich ziemlich viel Musik höre, die nicht auf Spotify vertreten ist. Und für mich einer der wichtigsten und entscheidenden Punkte ist, dass nichts auf Spotify safe ist. Wenn ein Künstler von heute auf morgen entscheidet, seine Musik von Spotify zu entfernen, dann gibt es sie nicht mehr. Beispiele gab es da in der Vergangenheit genug. Wie z.B. das Universal Music beginnt seine Musik auf Tiktok entfernen zu lassen. Oder wenn ich einen Blick auf den Bereich Filme und Serien werfe, könnte Spotify in ein ähnliches Problem laufen. Momentan vereint Spotify viele große Musikplattformen. Aber angenommen, die fangen wie Disney, Paramount etc. auch an, sich selbst aufzustellen. Ich habe in den letzten Jahrzehnten zu viel in der Musikbranche miterlebt, um da jetzt noch mal umzudenken. Das ist mir ehrlich gesagt zu anstrengend. Ich habe meine Musik auf meinem Player und fertig.

Das wäre der Punkt der vertraglichen Verfügbarkeit, aber wie sieht es mit der zeitlichen aus? Ich kann bei Spotify Premium Musik 30 Tage offline schalten. Aber nicht jede Region der Welt hat eine superschnelle Internetverbindung. Dazu kommen noch Internetblocker in bestimmten Ländern. Wir waren 2011 für neun Monate auf Weltreise, da habe ich viel umdenken müssen. Wir sind es gewohnt in einem Luxus zu leben, der ziemlich perverse Züge angenommen hat – schnelles Internet, alles immer und jederzeit verfügbar. Das gibt es nicht überall und deswegen hab ich meine Musik auf einem extra Player mit großem Akku. Mich stört es nicht, wenn ich 14 Tage ohne Steckdose oder Internet leben muss.

Einen wichtigen Punkt möchte ich noch ansprechen: P2P. Zur Jahrtausendwende wurde viel im Musikbereich kriminalisiert. Aber trotzdem gilt: Wenn mir ein Freund eine CD ausleiht und ich rippe mir die als MP3, ist das nicht illegal. Natürlich habe ich auch das andere Extrem erlebt. Da ziehen sich Leute tausende Files aus dem Netz oder über LAN, ohne sie jemals zu hören. Das ist natürlich Unfug. So lange das aber im Rahmen bleibt, ist da nichts Illegales daran. Im Gegenteil, durch die Pauschalabgabe wird das schon beim Kauf mit berücksichtigt.

Um die Frage abschließend zu beantworten: Ja, ich höre Musik auf dem Smartphone. Da aber vorzugsweise, wenn ich Musik während dem Autofahren hören möchte. Und dann Musik, die ich entdecken möchte oder Podcasts.

Christopher: Da gebe ich Dir absolut Recht. Die Zersplitterung der Filme von Netflix, auf Disney+ und inzwischen auch Paramount+, haben mich hier auch die gute alte DVD bzw. Blu-Ray zurückwünschen lassen. Zwischenzeitlich gibt es die Filme auch auf keiner Streaming-Plattform zu finden. So war bspw. „Gesetz der Rache“ mit Gerard Butler monatelang nirgendwo verfügbar, bis er jetzt gerade wieder auf Netflix gefeatured wurde.

Jan: Nicht nur das, sondern auch die Verfügbarkeit auf Plattformen wie Disney+. Stellenweise haben sie dort nicht mal die Filme oder Serien im Programm, die unter ihrer rechtlichen Handhabe liegen. Warum das so ist, mag man spekulieren. Aber ich vermute aus einem gewissen Marketingkalkül heraus, damit man z.B. vor Weihnachten dann ein Paket anbieten kann, um so neue Kunden zu gewinnen.

Christopher: Die Privatkopie scheint in großen Teilen in Vergessenheit geraten zu sein. Ich habe selbst auch noch Musik mittels Kassette vom Radio aufgenommen und immer gehofft, dass die Moderatoren nicht dazwischen quatschen. Übertragen auf unser „Streaming-Zeitalter“ ist das mittels Software wie Audials One genauso legal Internetradios aufzunehmen und das sogar vollständig automatisiert. Lediglich bei den Streaming-Anbietern streiten sich die Juristen, ob ein Kopierschutz umgangen wird oder nicht, der das Recht auf Privatkopie einschränkt. Eine klassische Grauzone.

Jan: Sehe ich auch so! Wobei ich dabei sagen muss, dass das Aufnehmen auf Kassette damals noch etwas besonderes war. Da wollte man einen einzelnen Titel, weil er einem gefällt. Heute herrscht so ein Überangebot an Musik, dass das Besondere verloren gegangen scheint. Seit ich meinen Blog mehr in Richtung Musik ausgerichtet habe, schicken mir Agenturen die Musik von Künstlern zu, damit ich darüber schreibe. D.h. sie suchen offensichtlich Leute, die sich damit auseinandersetzen und der Musik den Hauch des Besonderen verleihen.

Christopher: Da hast Du Recht. Mit deinem Smartphone kannst Du jederzeit alles hören was Du möchtest. Spätestens auf YouTube hat jemand dein gesuchtes Lied hochgeladen. Apropo: Hast Du auch die typischen Streaming-Anbieter wie Deezer und Spotify im Abo?

Jan: Ja, Spotify Premium – hier hat aber meine Frau mehr Anteile daran, ich brauche es aus oben genannten Gründen eher weniger. Vielleicht wenn ich mir nicht sicher bin, ob ich mir ein Album kaufen soll.

Christopher: Ich nehme an, dass Du damit meinst den Musiktitel bei Apples iTunes zum Download zu kaufen oder gehst Du ab und zu noch ins Geschäft um eine CD oder sogar Vinyl-Platte zu kaufen?

Jan: Richtig, nachdem ich kurz nach der Jahrtausendwende viel Musik von Netlabels heruntergeladen habe, habe ich irgendwann umgedacht. Ich habe in die Jahre davor ohnehin schon die Musik nur digital über einen Mini-PC gehört, wozu also noch physische Tonträger kaufen? Also schaute ich mich ein bisschen um und habe da mittlerweile ein paar Shops, wo ich meine Musik digital kaufe. Seit ein paar Jahren kaufe ich dann auch gerne mal limitierte Auflagen auf Vinyl, die ich dann aber größtenteils direkt über die Labels kaufe. Aber das sind dann eher Platten, die ich gern behalten möchte.

Christopher: Die lange Akkulaufzeit ist Dir gerade auf deinen Reisen wichtig. Welcher schöne Moment kommt Dir als erstes in den Sinn, der wohl ohne musikalischer Begleitung im Urlaub nur halb so schön gewesen wäre?

Jan: Die Frage gefällt mir! Für mich ist Musik schon immer ein Begleiter gewesen. Auch wenn dabei schon recht merkwürdige Geschichten entstanden sind. Ich denke das iPod-Thema ist mehr oder weniger daraus entstanden, weil ich immer mein großes Hobby Musik entsprechend würdigen wollte. Ob man es jetzt als schönen Moment bezeichnen will oder nicht – aber wie bei der gerade erwähnten Geschichte sind auf jeden Fall Erinnerungen entstanden. Und ja, solche Momente gab es. Ich erinnere mich an unseren ersten, gemeinsamen Urlaub mit meiner jetzigen Frau auf Kuba. Wir hatten einen stressige Rundreise hinter uns und abschließend noch eine Woche am Strand. Da ich zum einen vorsichtig mit Sonne bin und mir es in der prallen Sonne sowieso zu warm ist, lag ich im Schatten und habe das Meer genossen. Ich hörte das Meer leise rauschen, eine leichte Brise ging und gerade lief das Intro von Voyager’s „Apollo“. Das geht knapp 2 Minuten und dieser Moment war wirklich die pure Gänsehaut. Um aber trotzdem ehrlich zu bleiben. Ich höre viel Musik, um Zeit zu überbrücken. Zum Beispiel, wenn man 35 Stunden mit dem Bus durch Südamerika fährt. Irgendwann ist nur aus dem Fenster schauen oder lesen auch nur noch langweilig und dann höre ich sehr gerne Musik.

Christopher: Apple hat leider nicht die technische Dokumentation seiner Geräte n der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt. Woher treibst Du die Information, die Du brauchst, auf und was war bisher die größte Herausforderung?

Jan: Ich finde sehr viele Informationen über Suchmaschinen. Man muss nur die richtige Frage stellen, was mich manchmal vor Herausforderungen stellt. Meine größte Herausforderung war bis jetzt herauszufinden, warum der iPod classic der 6. Generation, der nur 128GB adressieren kann, auch in einer 160GB Ausgabe existiert. Es war der Anschluss, der unterschiedlich ist und so eine andere Adressierung zulässt.

Trotzdem sind diese Recherchen nichts im Gegensatz zu den Entwicklern von Rockbox, die ihre gesamte Plattform auf dem iPod zum Laufen bekommen haben, ohne die entsprechenden Kenntnisse zu haben. Ich hatte mal eine Story gelesen, wo irgendwas für den iPod programmiert werden musste und das nicht durch die eigenen Entwickler gemacht werden konnte. Also holte sich Apple die Entwickler ins Haus, stattete sie mit den Kenntnissen und der Hardware und nahm ihnen danach alles wieder weg, d.h. Apple ist da auch sehr rigoros gewesen, wenn es darum ging, Kenntnisse nach außen dringen zu lassen. Wenn Zeit nicht der Faktor wäre, würde ich mich gern mal in den Quelltext von Rockbox vertiefen und schauen, was da noch so alles geht. z.B. könnte man eine native Unterstützung von Bluetooth implementieren, um einen iPod mit Bluetooth auszurüsten und per Software an- bzw. auszuschalten. Das wäre ein echtes Highlight.

Christopher: Solche Projekte wie Rockbox und was einige gute Entwickler in Ihrer Freizeit erreichen können, sind beeindruckend. Das erinnert mich an den Vortrag über das Reverse Engineering der Toniebox beim 37C3, was es technikaffinen Eltern ermöglicht eigene Inhalte auf die Box zu bringen und eigene NFC-Tags (Tonies) dem Gerät bekannt zu machen. Für mich die Kassette 2.0.
Natives Bluetooth, dass sich ausschalten lässt, um das batteriegefräßige Protokoll nicht die Akkulaufzeit drastisch zu senken, wäre wahrscheinlich der letzte Feinschliff, der den iPod dann komplett auf den Stand der gegenwärtigen Technik aktualisieren würde. Bisher empfiehlst Du ja als Kompromiss den Kokkia Bluetooth Adapter*. Gibt es hier seitens der Core-Entwickler von Rockbox Bestrebungen das Feature Bluetooth nativ umzusetzen?

Jan: Wie ich schon sagte, gehört das zu den Dingen, wo ich irgendwann mal aktiv werden will. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es das nicht schon gibt. Schließlich ist die Rockbox für so viele verschiedene Geräte gedacht, d.h. grundsätzlich muss das schon da sein. Aber ich denke für den iPod hat das noch keiner ausprobiert. Oder wie ich so oft feststelle – man muss nur danach suchen. Ich hatte letztens die Idee, den Akku eines alten iPods mit einer Spule für induktives Laden zu verknüpfen. Und sobald man so eine Idee hat, findet man auch schon Leute, die das längst umgesetzt haben. Aber leider scheitert das ja daran, dass die Rückseite des iPod komplett aus Metall ist. Dann würde nur noch ein 3D-Drucker helfen und mir dafür einen anzuschaffen, führt dann doch etwas zu weit 😉

Christopher: Inzwischen rüstest Du auch für Andere in deiner Freizeit ihre iPods der verschiedensten Generationen auf und bevorratest dich sogar direkt bei einem chinesischem Großhändler, was die neuen Akkus für die iPods angeht. Wie viel Zeit investierst Du momentan in das Umbauprojekt? Ist schon ein Ende in Sicht?

Jan: Das ist ganz unterschiedlich, da ich das jetzt schon seit mehreren Jahren mache. In der Regel ist über die Sommermonate wenig los. Aber über Weihnachten gibt es immer einen kleinen Boom, wo dann schon mal 2-3 iPods gleichzeitig auf meinem Schreibtisch liegen. Für einen iPod brauche ich insgesamt so 2-3 Stunden Zeit. Das fängt mit dem Dokumentieren des Zustands an. Für das Öffnen nehme ich mir viel Zeit, da ich keine Schäden am Gerät verursachen will. Hier ist jeder iPod anders und da kann man schlecht Vergleiche anstellen. Dann kommt nur noch Routine – Karten formatieren, Innenleben auswechseln, iPod initialisieren, Testlauf. Alles in allem nicht kompliziert, wenn man es einmal gemacht hat, aber zeitaufwändig. Und dann packe ich ihn wieder ein und er geht zurück zu seinem Besitzer.

Ich hatte schon mal eine Pause bei dem Projekt gemacht, als ich in kurzer Zeit einige schwierige Leute hatte. Da hatte ich für einen Moment die Lust verloren. Aber dann schrieb mich wieder einer an und dann konnte ich doch nicht „nein“ sagen. Letztlich sind sehr, sehr viele Leute superfreundlich und ich spüre wie froh sie sind, dass ich ihrem iPod eine zweite Chance gegeben habe. Und solche Momente machen mich dann einfach glücklich. Da lohnt sich dann auch die investierte Zeit.

Christopher: 63 iPods hast Du mit heutigem Stand bereits umgerüstet: Welcher Schritt beim Umbau macht Dir am meisten Spaß?

Jan: Es sind zwei Schritte. Zum einen, wenn alle Teile bei mir auf dem Tisch liegen, der iPod offen ist, die Karten formatiert sind und alles zusammengesetzt wird. Am besten noch, wenn ein neues Gehäuse dazu kommt. Dann habe ich schon das Gefühl ein neues Gerät zusammenzubauen. Und dann natürlich, wenn der iPod zurück beim Besitzer ist und der zufrieden mit meiner Arbeit ist.

Christopher: Nicht immer läuft alles glatt und es gab nach der Umrüstung von iPods Probleme mit den Speicherkarten von SanDisk. Wie geht man damit um und wie haben die Einsender reagiert?

Jan: Die fehlerhaften Sandisk-Karten sind tatsächlich der einzige Fall, wo ich wirklich mal Probleme hatte. Ich versuche bei Problemen erst mal zu analysieren, was schief gegangen ist. Das hat auch schon mal dazu geführt, dass ich mich per Teamviewer eingewählt habe, um dann festzustellen, dass der Rechner mit zwei Virenscannern und einer extra Personal Firewall ausgestattet war und somit keine externen Geräte mehr erkannt hat. Meistens reicht ein kurzer Mailaustausch um kleine Probleme zu beheben. Gerade in letzter Zeit habe ich öfters den Fall, dass sich Windows weigert den iPod zu erkennen und dass es erst nach zwei oder drei Versuchen funktioniert. Und um das Verhältnis herzustellen, hatte ich vielleicht so ca. 5 Fälle, wo es noch Klärungsbedarf im Nachgang gab. Aber um auf den Sandisk-Fall zurück zu kommen. Der Besitzer hat sich bei mir gemeldet und ich habe versucht zu helfen, was aber nicht funktioniert hat. Also habe ich auf meine Kosten den iPod noch mal zu mir schicken lassen, habe mich um den gesamten Reklamationsprozess gekümmert und ihn dann zurückgeschickt. Das war für mich in dem Fall selbstverständlich, weil die Lage eindeutig war.

Christopher: Du weißt explizit auf die Grundregeln des Miteinanders hin. Gab es unverschämte Mails von Interessenten, die zudem dein privates Engagement als gewinnbringende Dienstleistung missverstanden haben?

Jan: Die Frage gefällt mir sehr gut! Das ist für mich auch ein bisschen die Motivation, denn eigentlich könnte man mir das problemlos unterstellen. Tatsächlich ist es aber bisher nicht vorgekommen. Aber letztlich weißt du ja auch, wie es ist eine Webseite zu betreiben. Ein ordentlicher Provider kostet Geld und meine ganzen Versuche, die ich auf meinem Blog vorstelle, müssen ja auch finanziert werden. Also unterm Strich ist es doch irgendwie ein Hobby, das auf Null rausläuft.

Die Grundregeln des Miteinander sind im Laufe der Zeit entstanden. Ich will nicht vorschnell über andere Menschen urteilen, aber ich lasse meinem Gegenüber die Freiheit die er braucht. Aber sobald seine ausgelebte Freiheit mich einschränkt, ziehe ich eine Grenze. Bei den vielen iPods, die ich umgebaut habe, ist das natürlich nur sehr selten der Fall. Aber trotzdem kam es vor, dass ich jetzt schon Leute hatte, die ihren iPod umbauen lassen wollten, aber sich einfach nicht entscheiden konnten. Da gingen innerhalb eines Monats 20 Mails hin und her und trotzdem war die Konfiguration immer noch nicht beschlossen. Das sind dann Projekte, wo ich dann die Notbremse ziehe und den Auftrag ablehne. Ich finde die endgültige Absage sehr schmerzhaft, aber ich denke dann immer an die Konsequenzen, wenn man sich falsch verstanden hat. Das tut mir dann leid und ich versuche zu helfen, was natürlich noch mehr Zeit und Kraft kostet. Und in der Zwischenzeit hätte ich schon drei anderen Leuten zu einem Umbau verholfen.

Ich freue mich immer darüber, wenn andere Menschen Interesse an meinem Projekt haben und erst mal eine Anfrage stellen, ob ich ihren iPod umbauen könnte, was es ungefähr kostet und ähnliches. Ich versuche mich dann immer in die Lage meines Gegenüber zu versetzen. Wenn ich so eine Frage stelle, bin ich doch interessiert. Und trotzdem kommt es vor, dass ich vier Wochen keine Antwort bekomme und dann geht es plötzlich weiter. Und solche Pausen sind immer schwierig, weil ich dann immer den gesamten Mailverlauf noch mal lesen muss, um den Kontext wieder herzustellen. Ich bin noch aus einer Zeit, wo noch Wert auf Netiquette gelegt wurde. Und meine Grundregeln des Miteinander ist quasi nur ein kondensierte Version davon.

Christopher: Die Einsender können dich sogar auf Proven Expert bewerten. Was hat dich dazu gebracht dort aktiv zu werden?

Jan: Das habe ich letztes Jahr erst eingeführt. Ich habe in der Zeit, wo ich iPods umbaue auch einige Leute gehabt, die erst mal mit mir telefonieren wollten. Dabei ging es weniger um den iPod-Umbau, sondern auch um ganz allgemeine Dinge. Das ist für mich auch verständlich. „Da gibt es diese private Webseite, wo man seinen iPod hinschicken kann – und dann? Bekomme ich meinen iPod jemals wieder?“ Ich habe mich einfach in die Lage meines Gegenüber versetzt. Also habe ich mich auf die Suche gemacht, ob es auch Portale gibt, wo ich mich mit meiner Nische reinpasse. Denn die meisten Bewertungsportale setzen auf Unternehmen und wollen dann sofort Geld für ihre Dienstleistung. Und ProvenExpert haben zumindest die Möglichkeit 10 Bewertungen zu veröffentlichen. Auch hier bin ich positiv überrascht, wie hoch die Rate derer ist, die ich darum bitte, eine Bewertung zu hinterlassen.

Christopher: Dein Vorgehen und die Schreibweise in deinem Blog ist äußert gut strukturiert. Du schreibst sogar, dass Du nach dem „Besprechen“ des iPod Upgrades nochmal eine Zusammenfassung in Form einer Checkliste schickst. Davon könnte sich so manch Gewerbetreibender eine Scheibe abschneiden. Wo lernt man diese strukturelle Herangehensweise?

Jan: Vielen Dank! Für mich ist das, was ich aufgeschrieben habe, eine Richtlinie. Auch wenn ich vielleicht mal nicht die Checkliste mitschicke, ich erstelle sie auf jeden Fall. Aber im Grunde hast du auch schon die Antwort auf die Frage selbst gegeben. Ich bin kein Gewerbetreibender. Ich muss nicht versuchen, davon zu leben. Ich muss nicht versuchen, mit minimalem Einsatz ein Maximum an Gewinn zu erzielen. Wo lernt man das? Ich versuche mit meinem Vorgehen Fehler auszumerzen, die mich bei anderen Sachen stören. Das wären folgende Dinge:

  1. der iPod kann repariert werden. So viele Sachen gehen heute kaputt und wir müllen damit den Planeten voll. Das geht nicht gut und deswegen ist es für mich ein Muss, ein Gerät was man reparieren kann auch am Leben zu erhalten.
  2. Und der Schritt davor: Die Wegwerfgesellschaft. Wie schon oben geschrieben, hat unser Luxus perverse Züge angenommen. Ich habe mich mal bei einem App-Hersteller für meinen Fernseher erkundigt, warum seine App nicht mehr mein Modell unterstützt. Die Antwort war allen Ernstes: Dein Fernsehmodell ist zu alt, die App unterstützt ihn nicht mehr. (Übersetzt: Kauf dir einen Neuen!) Der war zu dem Zeitpunkt 5 Jahre alt.
  3. Mangelnder Service: Du schreibst eine Firma an und was passiert? Entweder du bekommst eine Standardantwort, wo du merkst, dass du selbst mehr Ahnung vom Thema hast, als die Person, welche die Mail geschrieben hat. Oder du musst wochenlang auf eine Antwort warten.

Für mich sind nur zwei Sachen wichtig – die Leute, die mich wegen Umbau anschreiben, sollen ihren iPod in guten Händen wissen. Ich versuche schnell zu antworten, auf den konkreten Fall einzugehen. Außerdem müssen die Umbauten für mich in meiner Freizeit nebenbei machbar bleiben.

Christopher: Wenn Du die Möglichkeit hättest die Produktpflege und -entwicklung von Apple maßgeblich zu beeinflussen, was würdest Du in Bezug auf die iPods ändern wollen?

Jan: Wow, das schießen mir viele Ideen durch den Kopf! Lass mich das mal etwas gliedern:

  • Quelloffene Entwicklung: Microsoft praktiziert es jetzt schon seit ein paar Jahren, aber Apple hält an seinem Prinzip fest, dass es um das Nutzererlebnis geht. Wenn der iPod wieder neu aufgelegt werden würde, fände ich eine Open-Source-Lösung phantastisch. Ich kenne viele Leute, die zum einen Apple-affin sind und gleichzeitig großartige Entwickler. Denen die Möglichkeit zu bieten, eigene Erweiterungen für den iPod zu entwickeln oder maßgeblich den Produktcode zu erweitern, finde ich zukunftsweisend.
  • Modularisierung: der iPod classic ist schon ein erstklassiges Beispiel wie man ein Produkt entwickeln kann, dass relativ leicht zu warten ist und trotzdem ein cooles Design hat. Deshalb würde ich bei einer Neuauflage nichts groß verändern. Man nehme nur das Beispiel der Smartphones / Mobiltelefone. Früher war der Akkuwechsel ein Kinderspiel. Heute ist das Gerät verklebt. Die Kosten für eine Reparatur sind dann so exorbitant hoch, dass sich das einfach nicht lohnt. Hatte ich selbst schon erlebt, dass mein Smartphone von heute auf morgen in einen Block voll Elektronikschrott verwandelt hat – keine Fehlermeldung, kein Display, kein Erkennen am USB-Port. Reparaturkosten: ca. 400 Euro. Von daher sollte ein Neugerät mindestens folgende Komponenten austauschbar haben: Akku, Display und Speicher.
  • Lifecycle Management: Hängt eng mit dem vorherigen Punkt zusammen. Wenn Apple jedes Jahr einen neuen iPod veröffentlichen würde, überholt sich das Gerät irgendwann. D.h. es gibt keine Ersatzteile mehr, weil es schon zwei oder drei neuere Generationen gibt. Also lieber an Upgrades denken. Ich habe mir letztens etwas Musikhardware zugelegt. Ein Gerät davon wird schon seit 2016 hergestellt. Natürlich gab es in den letzten Jahren einige Veränderungen: Tasten wurden anders designt, damit sie besser auf Druck reagieren. Aber das Innenleben ist gleich geblieben. Und durch regelmäßige Firmware-Updates habe ich auf einem Gerät von 2016 wie auch auf einem von diesem Jahr die gleichen Möglichkeiten. Und deshalb wäre mein Anspruch, da weniger Logik in Hardware zu gießen und mehr durch Software zu erreichen. Damit ein iPod in 10 Jahren auch noch neue Features bekommen kann.

Christopher: Da stimme ich Dir voll und ganz zu. Der Wandel von Microsoft, Open Source nicht mehr länger als bedrohlich zu betrachten, sondern selbst Open Source Projekte zu starten und Andere zu unterstützen, ist bisher beispielslos. Das könnte Apple ebenfalls sehr gut stehen und würde die Produkte mit Sicherheit maßgeblich verbessern. Beim Smartphone finde ich es ebenso schade und frech, dass die Akkus schon lange nicht mehr autauschbar sind. Der Akku ist hier die natürliche Soll-Bruchstelle. Selbst wenn die Ersatzteile noch lieferbar sind: eine Reparatur durch einen Dienstleister ist meist nicht wirtschaftlich und beim iPhone lohnt es sich auf die nächst höhere Generation zu springen, entweder über Privatverkauf oder bei den Generalüberholt-Anbietern. In diesem Punkt finde ich das Fairphone wegweisend und würde mir so etwas auch für iPod oder auch iMacs wünschen. Hier lässt sich ebenfalls immer weniger Sachen wie Festplatten oder RAM ganz einfach tauschen. Um deine Vorstellung noch zu ergänzen: Wenn man sich die Hardware wie beim Fairphone selbst aussuchen kann, warum dann nicht auch das Betriebssystem? Ich würde gerne iOS genauso wie Windows kaufen können, um es auf meinem Smartphone zu installieren. Grob gesehen eigentlich kein Problem. Es funktioniert bei den Computern ja auch, was bei MacOS die Hackintosh PCs gezeigt haben.

Jan: Ich denke irgendwann gab es einen Punkt, wo Hersteller gesagt haben: Wenn der Kunde ein Produkt bei mir kauft, dann gestalte ich das Produkt so, dass er auch alles andere bei mir kaufen muss. Und hier wird Apple über kurz oder lang ins Hintertreffen geraten. Sieht man schon am Beispiel der einheitlichen Ladebuchse. Hersteller, die sich jetzt so positionieren, dass sie die Einstellung haben, dass sie Teil eines Ganzen sind und durch ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis punkten, gehören (hoffentlich!) zu den Gewinnern.

Das wird sich auf Laufe der nächsten Jahre zeigen, wenn das Recht auf Reparatur eingeführt wird. Weil dann haben Systeme wie das Fairphone die Nase vorn. Wobei dann immer noch das Risiko besteht, dass sie ganz plötzlich von einem Anbieter, der da massiv investiert und mit einem lukrativen Preis lockt, komplett überrollt werden.

Da kommt mir gerade noch ein anderer Gedanke. Ich habe das Gefühl durch die Kurzsichtigkeit, die wir aktuell leben, denken wir sehr wenig an Dinge, die in 10 Jahren sind. Beispiel: Ich kenne keinen, der nicht irgendwie bei amazon bestellt. Aber was bedeutet das? Klar ist amazon günstig, weil sie durch große Mengen natürlich einen besseren Preis beim Einkauf haben und damit günstiger in den Markt gehen können. Die Konsequenz? Der Einzelhandel macht dicht, weil sie nicht mithalten können. Das ist nichts, was unmittelbar passiert, aber man wusste es schon länger, sieht es jetzt und handelt trotzdem nicht. Läuft man durch die Innenstädte sieht man nur noch große Ketten. Das tut mir erst mal nicht weh, wenn ich bei amazon bestelle, aber auf lange Sicht findet amazon einen Hersteller in China, der mein gewünschtes Produkt zum Spottpreis anbietet (reden wir mal nicht über die Qualität). D.h. War es vorher ein deutsches oder europäisches Unternehmen, was vermutlich auch in China hat produzieren lassen, wird es pleite gehen. Die Leute werden arbeitslos und dann? Dann wird auf die Politik gezeigt. Ich fasse es mal mit einem schönen Satz zusammen, den letztens mein Kollege gesagt hat: „Du hast nur alle vier Jahre die Möglichkeit mit deiner Stimme die Politik zu beeinflussen, aber mit deinem Portemonnaie kannst du jeden Tag entscheiden!“

Christopher: Wie sich die Innenstädte entwickeln, wird noch eine spannende Geschichte. Schon bevor die Online-Händler für Umsatzrückgang bei den Händlern vor Ort gesorgt haben, habe ich im lokalen (Fach-)Handel ein größeres Sortiment und eine deutlich fachkundigere Beratung vermisst. Dennoch sehe ich eine Abhängigkeit allein von Amazon kritisch. Hier sehe ich die Gefahr, dass wenn der Einzelhandel vor Ort weitestgehend am Boden ist, dass die Preise bei Amazon angezogen werden und die Kunden es bspw. wegen der 1-Tages-Lieferung auch bezahlen. Da sehe ich noch keinen erstzunehmenden Konkurrenten, der wie Amazon eine eigene Logistik aufbaut. (Was auch Quatsch ist! Nicht jeder Händler sollte seinen eigenen Lieferdienst haben. Stattdessen sollten die Paket-Dienstleister aufrüsten, was Durch Joint-Ventures und Kooperationen kein Ding der Unmöglichkeit ist.)

Ich danke Dir herzlich, dass Du Dir so viel Zeit für die Beantwortung meiner Fragen genommen und uns einen umfassenden Einblick in dein Umbau-Projekt des iPod classic gegeben hast.

Jan: Sehr gerne! Das iPod-Projekt liegt mir wirklich am Herzen und deshalb habe ich mich sehr über dein Interesse und deine Frage gefreut. Und von meiner Seite auch ein Danke an dich, dass du dir die Zeit dafür genommen hast. Schön, dass wir auch ein bisschen über das Thema hinaus Gedanken ausgetauscht haben!


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Christopher Piontek: Ich bin ein technikbegeisterter Blogger, nebenberuflich (Fern-)Student der Wirtschaftsinformatik, hauptberuflicher Webentwickler und schreibe auf Bitpage.de gerne Technik-News, Tutorials und Reviews. Meine favorisierten Themen sind #Software, #Internet und digitale Fotografie.

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