Keine Ahnung, was der Grund für meine Begeisterung für friemelige Technik ist, aber ich weiß, wann ich gemerkt habe, dass nichts zu groß für sie ist: Als ich die Level 7 Murmelachterbahn von getdigital.de, im Shop gekennzeichnet als „große Version“, fertig gebaut hatte.
Ich hatte mir früher bereits die mittlere Version davon zugelegt und aufgebaut. Damals habe ich etwas geschummelt und ein paar Loopings weggelassen, weil ich es nicht geschafft hatte, sie direkt nach Anleitung zum Funktionieren zu kriegen. Dementsprechend war ich mir nicht sicher, ob ich die Großee überhaupt ausprobieren sollte, aber ich bin froh, dass ich es dennoch getan habe.
Massig Einzelteile
In China – wo denn auch sonst – gefertigt und in einer beeindruckend großen Box geliefert, sprang mir gleich das Abschreckendste und für mich doch irgendwie als Hauptgrund für den Kauf geltende Detail entgegen: Zeug. Viel Zeug. Jede Menge Zeug, das zusammengebaut werden muss. Jede einzelne Bahnhalterung besteht aus drei Einzelteilen, die man selbst zusammendrehen muss. Das allein hatte bei der letzten Murmelachterbahn schon mehrere Stunden gedauert, und diesmal waren es noch um einiges mehr. Gott sei dank hatte ich mir schon überlegt, als ich die mittlere Murmelachterbahn abbaute, mir die Große zuzulegen und die ganzen Einzelteile nicht wieder auseinandergenommen.
Dementsprechend hatte ich gleich einen ganzen Haufen Halterungen fertig. Deshalb musste ich nur noch etwa 1/3 davon zusammenstecken, der Rest blieb gleich in der Packung. Wer diesen Vorteil nicht hat, sollte sich auf eine lange Vorbereitungszeit einstellen: Am besten nimmt man sich eine große Schüssel, in die man alle fertigen Halterungen wirft, und macht alle halbe Stunde eine Pause, weil es sonst vielleicht etwas frustrierend werden kann – und irgendwann spielen auch die Fingerspitzen nicht mehr mit.
Perfektion und Fingerspitzengefühl
Fingerspitzengefühl ist im übrigen allgemein sehr wichtig für den Aufbau vor allem dieser Version der Murmelachterbahnen. Bei der Höhe, die später erreicht werden wird, muss jeder Zentimeter der Bahn korrekt sitzen, sonst springt die Murmel von der Bahn. Beim Aufbau der Bahn kommt es oft dazu, dass die Fingerspitzen leiden müssen, denn beim Justieren der Bahn müssen die Abstandhalter oft hin und her verschoben werden. Bei der Größe der Teile, kommen beim Zusammenstecken vor allem die Fingerspitzen zum Einsatz.
Wenn die Fertigung der Bahnhalterungen beendet ist, sollte mit dem Aufbau der Grundfläche fortgefahren werden. Das ist noch ganz einfach und funktioniert wie das Zusammenstecken bei Lego. Als Nächstes werden die Stangen positioniert, an welcher daraufhin die Arme befestigt werden. Dafür nimmt man eine Stange aus ihrem Platz, legt sie auf die Anleitung und führt die Halterungen an der Stange entlang auf die angegebene Position. Dieser Vorgang wiederholt sich bei jeder Stange, bis das Grundgerüst steht.
Der Bau der Bahn
Nun kommt es zum zugleich ungenauen und komplizierten Teil: dem Einbau der eigentlichen Bahn. Es gibt leider keine genauen Angaben über die benötigte Länge jedes Streckenabschnitts. Wer versucht, die Bahn mit dem ganzen Anhängsel des Restes der Streckenführungsröhren aufzubauen, reißt schnell etwas um und kommt nicht durch bereits aufgebaute Bahnabschnitte durch.
Die beste Alternative ist es tatsächlich zu schätzen – die Röhre ungefähr an die Bahn zu halten, Augenmaß zu nehmen und dann großgig etwas dazu zu addieren. Das hat bei mir ziemlich gut geklappt und würde ich auch jedem anderen empfehlen.
Womit ich gleich zum Problem dieser Vorgehensweise komme: Die Hauptstrecke ist eine lange Bahn ohne Unterbrechungen, obwohl sehr früh der schwierigste Teil der gesamten Achterbahn zu finden ist. Der zehnfache Looping stellt eine Herausforderung dar, die sowohl aufwandstechnisch friemelig als auch zeitlich deutlich den größten Teil meiner Bemühungen in Anspruch nahm.
Die Herausforderung: Loopings
Um mich richtig um den Looping kümmern zu können, habe ich kurz vorher die Röhren abgeschnitten.
Der Looping stellte eine Herausforderung dar, die all meine Motivation, viel meiner Zeit und so viel Fingerfertigkeit erforderte, dass ich für das nächste halbe Jahr erstmal bedient bin. Allein der Grundaufbau mit der starren Röhre war außerordentlich aufwendig. Dann müssen die Loopings noch so justiert werden, dass diese dem dreifachen der Höhe des ersten Loopings genug Momentum der Kugel übertragen kann, dass diese ganze 10 Loopings schafft.
Mein Tipp: Nicht aufgeben. Rückschläge und Fortschritte gehören dazu, aber irgendwann ist es geschafft. Ein weiterer Tipp: Sehr viele Abstandhalter benutzen. Durch die unheimliche Wucht der Kugel werden die Röhren vor allem der ersten Loopings etwas gedehnt, die Kugel rutscht rein und gleich wieder raus. Dadurch geht viel Schwung verloren. Um das zu vermeiden, sollte am besten alle zwei Zentimeter ein Abstandhalter eingesetzt werden, zumindest für die ersten vier Loopings.
Rom wurde nicht an einem Tag erbaut
Ich habe mich über den Zeitraum von mehreren Wochen immer wieder mal eine Stunde mit diesem Abschnitt der Bahn beschäftigt. So konnte ich meine Frustration immer wieder überwinden und sie am Ende doch tatsächlich bewältigen. Ich habe mit GetDigital gesprochen bezüüglich der Murmelachterbahn. Sie selber hatten auch große Probleme, vor allem mit dem Looping. Dieser hat den Transport vom Aufbauort in den Videoraum nicht überstanden, so instabil ist er. Das Video der Murmelachterbahn auf deren YouTube-Kanal ist digital nachbearbeitet.
Wenn es schließlich geschafft ist, dass die Murmel alle 10 Loopings überwindet, ist der Rest der Bahn vergleichsweise ein Kinderspiel. Ich hatte vom Looping leider so wenig Schwung übrig, dass ich den letzten Kreisabschnitt weglassen musste. Doch das fällt überhaupt nicht auf und tut der Bahn auch keinen Abbruch. Zögert nicht zu improvisieren! Sich immer streng nach der Anleitung zu halten kann die ganze Sache viel komplizierter machen als es sein muss.
Richtlinie Aufbauanleitung
Die Anleitung ist so übersichtlich wie es eben geht. Auf Papier eine 3D-Anlage mit mehreren Ebenen verständlich darzustellen ist ein massives Stück Arbeit. Du brauchst vielleicht ein bisschen Zeit sich in die Anleitung einzulesen, doch sobald das geschafft ist, läuft die Arbeit flüssig von Hand.
Die Anleitung besteht aus zwei Teilen: Einem mit in Originalgröße dargestellten Stangen mit Platzierungen der Halterungen und einem mit der Verlaufsdarstellung der eigentlichen Bahn. Sowie mit einer Übersicht des mitgeliefertem Inventar (auch in Originalgröße). Der aktuell zu bauende Streckenabschnitt ist rot hervorgehoben und aus dem verständlichsten Blickwinkel heraus dargestellt. Sobald man sich an die Starre der Plastikröhren gewöhnt und eine Möglichkeit gefunden hat, bestehende Streckenabschnitte beim Bau von Neuen nicht zu zerstören, ist der Rest der Bahn auch relativ schnell fertig gebaut. Ich habe keine Sekunde drüber nachgedacht, den Teil mit der Bahn, die durch die Loopings durchführt, stattdessen parallel zu den Loopings zu bauen. Das würde ich auch jedem empfehlen nachzumachen. Die Bahn hat einfach zu lange keine Halterung und wird dadurch so instabil, dass sie am Ende den Looping mitreißt oder eine durch diesen durchlaufende Kugel aufhält.
Minuspunkt Inkosistenz
Womit wir auch beim größten Minuspunkt aller Murmelachterbahnen dieser Bauart wären: Inkonsistenz. Diese lässt sich leider nicht vermeiden. Die Plastikröhren müssen stabil genug sein, sich aus einer eingenommenen Form durch das Gewicht der Kugel nicht zu verformen, doch müssen auch verformbar genug sein, eine andere Form als die Ursprüngliche einzunehmen. Ein Paradoxon, wie es scheint. Wenn man es so betrachtet, ist die perfekte Konsistenz der Röhren doch ziemlich genau dann erreicht, da es überhaupt machbar ist. Doch trotz den Abstandhaltern, die man bei jedem Abschnitt von über 5 cm freier Bahn einsetzen sollte, verformt sich die Bahn stark unter dem Gewicht der Kugel und erzeugt dadurch immer wieder unterschiedliche Geschwindigkeiten der Kugeln.
Das macht es gerade bei etwas so Präzisem wie dem zehnfachen Looping unheimlich schwer, Konsistenz zu erzeugen. Auch in den Aufzügen für die Murmel ist das Gewicht der Kugeln ein Problem: Wenn eine Kugel auf dem Weg nach oben ist und unten eine ankommt kann es passieren dass der auf den Aufzug übertragene Schwung der unteren Kugel die obere aus dem Aufzug wirft.
Faktor Zeit
Zeit ist ebenfalls ein Problem. Man kommt hin und wieder gegen Teile der Murmelbahn, muss sie verschieben weil sie im Weg ist und auch einfach die Schwerkraft tut ihren Teil nach einer Zeit – man merkt, wie mit steigendem aufgebautem Zeitraum immer weniger Kugeln überhaupt durchkommen, und da die Verformungen überall stattfinden, ist es unheimlich schwer, diese wieder zu reparieren. Irgendwann wird die Bahn einfach abgebaut werden müssen. Davor graut es mir jetzt schon! Das wird wieder ein ganzes Stück Arbeit, ohne anschließende Befriedigung eines funktionierenden Kunstwerks.
Fazit
Wer viel Zeit und Motivation mitbringt, genügend Platz für das Grundgerüst – welches auch länger als ein paar Tage an diesem Ort verweilen darf – und kein Problem mit unkontrollierbaren Frustfaktoren wie der Inkonsistenz durch Gravitation hat, hat die Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Aufbau. Um den Kauf nicht zu bereuen, empfehle ich allerdings eine starke Affinität zu Gefriemel, Fingerspitzengefühl – und nicht zuletzt ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen. Wenn diese Vorraussetzungen gegeben sind, wird man viel Spaß und Freude mit der Murmelachterbahn von GetDigital haben.
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Es gibt viele Dinge, die in uns das Kind wecken! Dies sind zb deine Murmelachterbahn. Den gleichen Effekt haben bei mir ferngesteuerte Autos, Eisenbahnen und Carrera Bahnen. Mein Sohn ist dafür leider noch zu jung aber es kommt der Tag, an dem er(Papa) all diese Dinge anschaffen wird ;)