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Deutsche Telekom greift Freifunk Initiative an

Wie vielleicht ein paar Stammleser wissen, bin ich selbst Freifunker und engagiere mich für Freifunk in Paderborn. Vor kurzem erreichte mich von Micha Pekrul, Mitgründer von Freifunk Paderborn, der Hinweis auf das Video „Mythos kostenloses Internet“ aus der Reihe Netzgeschichten der Deutschen Telekom auf YouTube. Meine Befürchtungen haben sich nach dem Anschauen des Videos bestätigt: Begriff wie „frei“ und „kostenlos“ oder „Internet“ und „WLAN“ werden fälschlicherweise synonym benutzt, obwohl sie etwas anderes bedeuten. Ebenso wird Freies WLAN bzw. Freifunk als Vorhaben suggeriert, dass nicht realisierbar ist. Das Video kratzt nur an der Oberfläche von Netzneutralität und Freiheit, sodass ich mit diesem Blogbeitrag gerne mit den Fehlern des Videos der Deutschen Telekom aufräumen möchte.

Mythos kostenloses Internet

Freifunk Hotspots verlangen kein Geld von Nutzern, es kostet trotzdem Geld

In dem Video entsteht für den Zuschauer der Eindruck, dass Freifunk Hotspots – im Freifunk-Genre Knoten genannt – kein Geld kostet. Natürlich kostet es Geld. Ein Freifunk-Router ist ab ca. 18€ zu haben und verbraucht natürlich auch Strom, der bezahlt werden möchte. Freifunk ist in erster Linie kein Angebot von kostenlosem Internet, sondern soll ein dezentrales und lokales WLAN-Netz schaffen, in dem der Datenverkehr nicht beeinträchtigt wird. Stichwort Netzneutralität. Wenn ein Freifunker, der einen Knoten aufstellt, seinen Internetanschluss – für den er bezahlt! – mit Anderen teilen möchte, ist das natürlich kein Problem. Die Freifunk-Firmware sorgt dann dafür, dass der Internetverkehr ins Ausland geleitet wird, wo unser bescheidenes Gesetz der Störerhaftung nicht gilt. Völlig legal! Die Rechtsanwaltskanzlei Feuerhake fordert sogar ein Grundrecht auf Freifunk und hat bei sich selbst einen Freifunk-Knoten aufgestellt.

WLAN ist kein Internet

Im Video möchte der CDU-Experte und Abgeordnete Burhard Dregger lieber über kostenloses WLAN als über kostenloses Internet reden. Dabei ist ein WLAN-Netz nicht automatisch ein Internetzugang. Das hat sich umgangssprachlich bei dem Großteil der Menschen nur so als Synonym interpretiert. Gerade aber in Bezug auf Freifunk mit freiem WLAN meint es aber, dass das Freifunk-Netz die Netzneutralität im drahtlosem Netzwerk einhält. Übrigens: Die Freifunk-Router verbinden sich untereinander zu einem großen Maschen-Netzwerk, sodass mit dieser Technologie eine ganze Stadt abgedeckt werden kann. Leider haben die Lobbyisten der deutschen Telekomunikations-Provider unsere Politiker, wie Angela Merkel, davon überzeugt, dass Netzneutralität schädlich wäre für das Internet. Dass dies aber nicht der Fall ist, zeigt sehr anschaulich nachfolgendes Video von Alexander Lehmann.

Völlig anonym? Aber wenn jemand Straften über das freie WLAN verübt!?

Um Strafverfolgung über freies WLAN zu gewährleisten, müssten wir jeden Nutzer persönlich erfassen. Hier haben wir mal wieder das Bedürfnis nach Sicherheit und Freiheit zugleich. Dabei schließen sich die beiden Bedürfnisse gegenseitig aus: Je mehr Freiheit wir wollen, desto weniger Sicherheit können wir gewährleisten. Andersherum erstickt zu viel Sicherheit die Freiheit. Wer hier nach dem Motto denkt: „Aber ich hab doch nichts zu verbergen.“ Darf sich gerne mal darüber Gedanken darüber machen, wenn er bei jedem Schritt und Tritt überwacht wird. Spätestens bei der Videokamera auf der Toilette hört dann der Spaß auf. Hier hat auch wieder Alexander Lehmann ein anschauliches Video kreiert.

Fazit: Freies WLAN ist nicht kostenlos

Anders als es im Video der Deutschen Telekom „Mythos kostenloses Internet“ herüber kommt, ist Freifunk nicht kostenlos. Die Initiative ist angewiesen auf Spenden für die technische Infrastruktur und das Aufstellen von Freifunk-Knoten von Bürgern in ganz Deutschland. Natürlich kostet ein flächendeckender Ausbau von offenem WLAN Geld. Die Bundesregierung ist hierfür aber nicht bereit genügend Geld in die Hand zu nehmen und das Vorhaben zu fördern bzw. zu realisieren. Aus diesem Grund gibt es seit mehr als über 10 Jahren Freifunk in Deutschland mit über 15.000 Freifunk-Knoten. Hamburg und Paderborn sind die größten Freifunk-Städte Deutschlands.

Jeder Knoten mehr, freut uns und sichert uns unsere Grundrechte wie Meinungs- und Pressefreiheit. Wer übrigens mal sehen möchte, wie es ohne Grundrechte und Internet aussieht, wirft mal einen Blick rüber nach Kuba: Projekt Streetnet: Junge Kubaner betreiben geheimes Netzwerk. Deswegen mein Aufruf: Surft auf Freifunk.net, sucht Eure nächste Community und stellt einen Freifunk-Knoten Zuhause auf. ;-)

Christopher Piontek: Ich bin ein technikbegeisterter Blogger, nebenberuflich (Fern-)Student der Wirtschaftsinformatik, hauptberuflicher Webentwickler und schreibe auf Bitpage.de gerne Technik-News, Tutorials und Reviews. Meine favorisierten Themen sind #Software, #Internet und digitale Fotografie.

Zeige Kommentare (14)

  • Echt gut geschrieb der Bericht. Er bringt einen echt weiter, das man nicht auf solche irglauben reinfällt

  • " Blogbeitrag gerne mit den Fehlern des Videos der Deutschen Telekom aufräumen möchte."

    Mit den Fehlern ? So Konzerne wie Telekom usw machen da keine Fehler, die Lügen um ihre eigenen Geschäftsinteressen zu puschen.

  • Und unverschämt ausnutzen, dass das neue Gesetz für Störerhaftung die Dinge schlimmer macht. Etwas, was wenn es so klar formuliert wird eigentlich zum kippen des Gesetzes hätte führen müssen. Aber Nein, damit kann man gleich mal propagieren, dass Private bloß nicht ihr WLAN öffnen dürfen.

  • Je mehr Freifunker es gibt, um so schlechter sind die Chancen, dass der Gesetzesentwurf in der aktuellen Form verabschiedet wird. Macht mit!
    Toller Beitrag Christopher.

  • Hallo zusammen,
    ich arbeite selbst für einen Provider und unser Problem liegt ganz wo anders, nämlich bei der Tatsache, dass hier Private-Internetzugänge für eine Masse von Nutzern geschert werden!
    Internetzugänge kosten Geld und das Volumen wird auf ein durchschnittliches Nutzerverhalten kalkuliert.
    Nutzen nun mehrere Personen diesen Anschluss steigen die Kosten beim Provider und hier ist das Problem.
    Ein Beispiel, Sie buchen bei Ihren Stadtwerken eine Wasserflatrate (theoretsich) oder Strom und diese kalkulieren den durchschnittlichen Verbrauch auf einen 4 Personenhaushalt, nun teilen Sie sich diesen mit weiteren 50 Personen?

    Viele Grüße

  • Ich unterstützte die Freifunk-Bewegung aus dem Grund, dass viele Hotspots in Hotels, aber natürlich auch die von der Telekom für den Wenignutzer viel zu teuer sind. Als die Regierung vor kurzem den neuen Gesetzesentwurf zur Störerhaftung veröffentlicht hat, dachte ich, dass Projekte a lá Freifunk nun deutlich an Zusprechung gewinnen würden. Dieser Clip von der Telekom geht nun in eine ganz andere Richtung. Es bleibt also spannend!
    Gruß, Richard

  • @Provider:
    Das wird dann wohl der Grund sein, warum Stadtwerke nach Verbrauch abrechnen ;-)

    Das sollten Internetanbieter ebenso handhaben, statt zu versuchen, Vielnutzer rauszuekeln oder, wie es im mobilen Bereich der Fall ist, den Benutzer auf die Schneckenspur zu schicken.

  • Und wer sorgt dafür, dass die Freifunker überhaupt einen Datenverkehr ins Internet aufbauen können? Ja, ja, die böse Telekom. Sie ist ja so blöd und investiert Milliarden in die Netze und will auch noch Geld dafür von Kunden. Aber wie heißt der beliebteste Slogan heute? Geiz ist Geil.

  • Schade, dass hier kritische Beiträge zu Freifunk gelöscht werden. Das nennt man wohl Demokratie und Meinungsfreiheit.

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