Apples Firmware Update von iOS 8 auf iOS 8.0.1 war für viele iPhone-Nutzer eine Katastrophe und legte das iPhone fast komplett lahm. In unserem täglichen Leben bestätigen wir öfters Updatemeldungen schnell mit einem „Ja“ und das geht auch eigentlich immer gut. Das Update auf iOS 8.0.1 wurde nach der Freigabe eine Stunde später von Apple wieder zurückgezogen. Inzwischen gibt es bereits das Nachfolgeupdate auf iOS 8.0.2, das die Fehler wieder ausbügelt und die versprochenen Features, die es nicht in iOS 8 geschafft haben, wie z.B. Healthkit, nachliefert.
Trotzdem ist das Smartphone in unserer heutigen Zeit ein effizienter Begleiter geworden. Ich selbst manage meine Termine und E-Mails damit. Bin ich „offline“ mit meinem Smartphone, habe ich dann rechtlich Anspruch auf Schadensersatz?
Interview mit Fachanwältin Carola Sieling
Christopher: Hallo Carola. Apple hat mit dem Firmware-Update auf iOS 8.0.1 viele iPhones lahm gelegt, weil diese nach dem Update den Mobilfunk mit der Statusnachricht „Kein Netz“ permanent den Mobilfunk quittiert haben. TouchID hat ebenfalls nicht mehr funktioniert. Wart Ihr selbst von der iOS-Panne betroffen?
Carola: Eigentlich hätte meine Antwort wie folgt lauten müssen: „Ich bin bei Updates immer vorsichtig und warte die ersten Berichte und Testergebnisse ab. Dies hat sich auch hier als gar nicht so unklug erwiesen.“ Aber leider muss ich zugeben, dass mein Spieltrieb und die Freude am Ausprobieren hier überwog und ich erst das Telefon geupdatet habe und ich erst dann im Netz auf die Berichterstattung gestoßen bin.
Christopher: Das kann ich gut verstehen. Selbst als Informatiker gehe ich das Risiko zu gerne bei Updates ein. Wenn dann aber das iPhone auf einmal „offline“ ist, ist das nicht nur ärgerlich, sondern es kann auch ein wirtschaftlicher Schaden entstehen. Hat ein iPhone-Nutzer in Deutschland in diesem konkreten Fall Anspruch auf Schadensersatz?
Carola: Apple stellt das Update bereit und sofern dieses mit Mängeln behaftet ist, können sich daraus schon grundsätzlich Schadensersatzansprüche für den Apple-Kunden ergeben. Die Frage ist dann nur: hat der Mangel einen konkreten finanziellen nachweisbaren Schaden veranlasst oder geht es dem Kunden um den Nutzungsausfallschaden. Der konkret durch den Mangel hervorgerufene Schaden wäre grundsätzlich beanspruchbar. Aber wie hoch ist der Schaden genau anzusetzen, wenn ich die Touch-ID nicht nutzen kann oder meine Telefonfunktion nicht nutzen kann?
Das und die genaue konkrete Höhe in EUR muss der jeweilige Nutzer beweisen. Bei dem Nutzungsausfallschaden, also der Ersatz für den Verlust der Möglichkeit zum (Teil-)Gebrauch einer Sache – wie es der Bundesgerichtshof (BGH) formuliert – ist die Rechtslage nicht ganz so deutlich. Hier werden hohe Maßstäbe angesetzt und der Verlust eines Gebrauchs von reinen Luxusgütern zählt nicht. Letztes Jahr noch hat der BGH entschieden (Az. III ZR 98/12), dass bei Ausfall der Breitstellung eines Internetanschlusses ein Nutzungsausfallschaden entsteht, da dies einem Ausfall mit wesentlicher Bedeutung für den Alltag entspricht.
Dies allerdings auch nur, wenn keine akzeptable Ausweichmöglichkeit besteht. Ein Handy (also die Möglichkeit darüber mobil online zu sein) -so der BGH – sei hier (also bei Ausfall des Internetanschlusses) pauschal keine akzeptable Ausweichmöglichkeit. Auf den umgekehrten Fall dürfte diese Entscheidung jedoch grundsätzlich nicht übertragbar sein- Ausnahmen mögen die Regel im Einzelfall und in Ausnahmesituationen bestätigen.
Ich habe dann tatsächlich direkt, wie es dann jetzt auch von offizieller Seite durch Apple empfohlen wird, das Update wieder „rückgängig“ gemacht und konnte dann kurze Zeit später auch wieder alle Funktionen nutzen.
Christopher: Die Meisten, mich eingeschlossen, würden ebenfalls versuchen einen Schaden vorzubeugen. Gilt dieser Anspruch auf Schadensersatz generell für stabile Softwareversionen, die nicht ausdrücklich als Alpha- oder Beta-Versionen gekennzeichnet sind? Inwieweit kann sich der Hersteller bzw. Software entwickelnde Firmen via AGB und Softwarelizenz absichern?
Carola: In Deutschland gibt es keine so weitreichenden Haftungsfreistellungen, wie sie zum Teil in anderen Ländern möglich sind und häufig in den sog. EULAs (End User License Agreement) zu finden sind. Solange wesentliche Leistungsfunktionen der Software betroffen sind, ist ein Haftungsausschluss in AGB oder Vertragsvereinbarungen grundsätzlich nicht möglich.
Nur mit tatsächlich individuellen abgesprochenen Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien wäre vielleicht noch eine Absprache über die Haftung möglich. Damit fallen jedoch alle AGB oder Standardverträge auf jeden Fall weg.
Christopher: Gut zu wissen! Für das Downgrade von der fehlerhaften iOS-Version 8.0.1 auf die funktionierende iOS-Version 8 musste das iPhone via iTunes an den Computer angeschlossen werden. Kann der Nutzer hierfür eine Aufwandsentschädigung geltend machen?
Carola: Dieser Aufwand dürfte noch in die zumutbaren Mitwirkungspflichten des Nutzers fallen. Eine Entschädigungsmöglichkeit sehe ich hier nicht – auch wenn ich selbst diese Zeit gern anderweitig genutzt hätte.
Noch Eines: den Hohn und Spott der Kollegen am folgenden Tag im Büro, den man über sich ergehen lassen muss, kann man auch nicht als Schmerzensgeldanspruch geltend machen.
Christopher: Schade! In den USA wäre das rechtlich wahrscheinlich ein anderer Fall. Ich bin gespannt, wie die Sammelklagen der Amerikaner hierzu ausgehen, sofern welche eingereicht werden. Immerhin hat man hier schon so einige obskure Forderungen vor Gericht durchgebracht. Vielen Dank Carola für die rechtliche Auskunft!