Tastaturen sind unser Tor in die Welt der Computer. Aber das von uns verwendete Blocklayout von Tastaturen ist nicht unbedingt das optimalste Design. Immer mal wieder tauchen ergonomische Tastaturen auf dem Markt auf, die uns das Schreiben erleichtern und unseren Rücken schonen sollen. Ähnlich ist es mit dem Truly Ergonomic Keyboard. Es setzt auf Entlastung durch mechanische Tasten und ein völlig neues, bewegungsarmes Design.
Truly Ergonomic
Truly Ergonomic ist eine Firma aus Kanada, die sich auf die Fahne geschrieben hat, unser Tippverhalten zu revolutionieren und sagen damit schmerzenden Rücken und Handgelenken den Kampf an.
Mit dem Truly Ergonomic Keyboard stellt das Unternehmen eine radikal veränderte Version des bekannten QWERTY-Keyboards vor. Die Tasten befinden sich zwar zum größten Teil an den altbekannten Positionen, dennoch gibt es einige sehr einschneidende Veränderungen in deren Anordnung, die einer gewissen Gewöhnungsphase bedürfen.
Ergonomisch & mechanisch
Das größte Problem an den bekannten ergonomischen Tastaturen (zumindest für mich) ist, dass sie einen ziemlich harten Anschlag haben. Im Speziellen denke ich da z.B. an das allseits bekannte Natural Ergonomic Keyboard von Microsoft. Auch wenn ich das offizielle Zehn-Finger-System nie wirklich gelernt habe, war die Adaption an diese Tastaturen erstaunlich einfach – nahezu bequem. Das einzige Problem mit dieser „ergonomischen Standard-Tastatur“ sind die Tasten. Der Anschlagwiderstand war/ist einfach zu stark. Eben diesem Problem schafft das Truly Ergonomic Keyboard Abhilfe. Mechanische Tasten sind das Zauberwort. Meine Test-Tastatur ist mit braunen Kailh Mechanical Keyswitches ausgestattet, welche von höherer Qualität und Lebensdauer als die bekannten Cherry MX Schalter sein sollen. Diese mechanischen Switches verleihen der Tastatur einen leichten Anschlag mit taktilem Feedback, verzichten jedoch auf das Audio-Feedback (soft tactile), wodurch sie die Ohren und Nerven der Kollegen schonen und sich perfekt für’s Büro eignen.
Es werden zwei Modelle der Tastatur angeboten. Diese unterscheiden sich nur in zwei Tasten. Während Modell 227 mit einer breiten Taste (Alt) in jeder unteren Ecke ausgestattet ist, verfügt Modell 229 über zwei normalgroße Tasten (Links: Super, Alt – Rechts: Alt, Menü) in den unteren Ecken. Beide Modelle sind sowohl mit braunen (soft tactile) als auch mit blauen (click tatctile) Keyswitches erhältlich. Da hat wirklich jemand mitgedacht. Mit den typischen blauen Switches, die bei vielen mechanischen Tastaturen ausschließlich angeboten werden, ist das Arbeiten in einem Gemeinschaftsbüro schließlich nahezu unmöglich. Das laute Klicken strapaziert die Nerven der Kollegen und somit das Büroklima. Ein No-Go.
Layouts und Layout Designer
Die Tastatur verfügt auf der Unterseite über fünf DIP Switches, mit denen das Layout der Tastatur angepasst werden kann. Hardware-Seitig. Je nach Position kann damit z.B. entschieden werden, ob ctrl oder command verwendet werden soll. Damit ist die Tastatur sowohl für Windows, als auch für Mac nutzbar. Selbst das Dvorak-Layout ist nativ vorhanden. Des Weiteren gibt es einen Layout Designer, der es einem ermöglicht, die Tastenbelegung beliebig anzupassen. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten. Der Designer erzeugt eine neue Firmware-Konfiguration und funktioniert aktuell nur unter Windows bzw. muss dieses unter Windows aufgespielt werden und kann dann auch mit anderen Systemen verwendet werden
Look & Feel
Die Tastatur kommt mit einer großen Handballenablage (abmontiert), ist schwer und liegt stabil auf dem Tisch. Erstaunt durfte ich auch feststellen, dass sie mit einem Dustcover kommt; einer Plastikabdeckung, die nach dem Gebrauch wieder draufgelegt werden kann. So etwas habe ich ewig nicht gesehen und kenne ich auch nur aus dem Laborbereich. Coole Idee, dass es aber im Büro benutzt wird, wage ich mal zu bezweifeln.
Das erste was einem bei der Tastatur auffällt: Es fehlt der Nummernblock. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass die Maus besser bzw. schneller erreichbar sein soll. Was noch sofort auffällt ist das sehr abenteuerliche Anordnung der Tasten. Die Leertaste ist gespalten und beherbergt in der Mitte z.B. die Enter-Taste und andere Tasten wie Backspace und Entfernen. Auch spannend sind die – scheinbar doppelt vorhandenen – Pfeiltasten und deren ungewöhnliches Layout. Während links, rechts und runter bei herkömmlichen Tastaturen auf einer Ebene angeordnet sind, bilden sie beim Truly Ergonomic Keyboard ein Kreuz. Gleiches gilt übrigens für Bild Auf, Bild Runter, Pos 1 und Ende, welche sich, der linken Hand zugeordnet, am unteren Rand der linken Seite befinden.
Schaut man ein bisschen genauer hin stellt man fest, dass sich die Tastenanordnung-Ansicht schwer verändert hat. Die Standardausrichtung bei konventionellen Tastaturen ist von links oben nach rechts unten. Bei dem Truly Ergonomic Keyboard sind die Tasten von der Mitte nach außen angeordnet. Dies soll eine natürlichere Haltung und vor allem eine natürlichere Bewegung begünstigen. Sieht auf jeden Fall “abgespaced“ aus. Der Fehlende Nummernblock macht den Griff zur Maus übrigens wirklich angenehmer – auch wenn ich bei der Rückkehr auf die Tastatur einiges an Zeit verliere, bis ich meine Finger wieder da habe, wo sie hingehören.
Was sehr angenehm ist, sind die „Shaped Keycaps“. Das bedeutet, dass nicht alle Tasten die gleiche Form haben, sondern sich an der Bewegungsform der Finger orientiert. Einfach umrissen, die einzelnen Tastenreihen der des Keyboards sind unterschiedlich hoch. Dieses Feature fällt nicht direkt auf, ist aber sehr angenehm.
Gewöhnungsbedürftig
Wenn das Truly Ergonomic Keyboard eins beweist, dann das ergonomisch nicht gleich ergonomisch ist. Wie oben schon kurz angedeutet, schreibe ich nicht nach dem offiziellen Zehn-Finger-System sondern nach meinem eigenen. Bisweilen hat mich das wenig behindert – ob nun bei einer ergonomischen oder einer konventionellen Tastatur. Nach zwei Wochen intensiver Nutzung konnte ich mich zwar daran gewöhnen, die Enter-Taste zwischen den beiden Leertasten mit dem Daumen zu bedienen aber es fühlt sich nach wie vor falsch an. Außerdem treffe ich die Backspace-Taste nicht ordentlich. Da ich als Schreiberling, der kein Zehn-Finger-System gelernt hat, nicht in allen Punkten sichere Aussagen treffen kann, habe ich mir jemanden gesucht, der dies für mich übernimmt. Nach meiner eigenen Testphase kam dann also noch eine weitere und auch hier fällt das Ergebnis ähnlich aus. Das neue Layout ist bei Weitem nicht so intuitiv, wie es auf der Homepage des Herstellers dargestellt wird. Die mechanischen Tasten ermöglichen zwar ein sehr schnelles, angenehmes Schreiben, das Layout macht diesen Vorteil für uns jedoch ein wenig zunichte.
Irritierend finde ich, dass die Tastatur im Vergleich zu anderen ergonomischen Tastaturen flach ist. Die Wölbung empfand ich immer als sehr angenehm, ihr Fehlen macht die Gewöhnung an das geteilte Layout gefühlt noch schwerer.
Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle allerdings erwähnt, dass ich die Tastatur in den zwei Wochen nicht ausschließlich benutzt habe, was für die Gewöhnung durchaus als kontraproduktiv zu werten ist.
Preis-Leistungs-Verhältnis
Mit mehr als 200 € ist die Tastatur sehr teuer. Bedenkt man das neue Design und den (aktuell) relativ geringen Markt für ergonomische Tastaturen, ist er meines Erachtens nach dennoch gerechtfertigt. Die Verarbeitung ist schließlich sehr gut und als einzige mechanisch-ergonomische Tastatur, hat das Truly Ergonomic Keyboard eine gewisse Monopol-Stellung. Für die 200 € bekommt ihr also ein technisch sehr hochwertiges Gerät mit gewöhnungsbedürftigem Layout (inklusive einem Dustcover aus Plastik. Dieses mit einem Regenschirm von Rolls Royce zu vergleichen, den es bei jedem Wagen dazu gibt, fällt jedoch sogar mir schwer.).
Fazit
Als ich von dem Truly Ergonomic erfuhr, war ich ziemlich begeistert. Als sich getDigital.de bereiterklärte mir ein Muster zukommen zu lassen umso mehr. Der erste Eindruck war sehr vielversprechend, die Bedienung der Maus ist wirklich einfacher und die Verarbeitung des Geräts ist sehr gut. Als jemand, der oft und gern auf ergonomischen Tastaturen schreibt, hatte ich mir die Nutzung jedoch leichter vorgestellt. Dass es nach zwei Wochen noch nicht richtig in Fleisch und Blut übergegangen ist, ist ziemlich ernüchternd, mag aber daran liegen, dass ich kein nativer Zehn-Finger-Schreiber bin und zwischendurch ein normales Layout verwendet habe. Mein Zweittester hatte bei Weitem nicht so viel Zeit mit der Tastatur wie ich, weswegen ich die Gewöhnungszeit hier nur schwer abschätzen kann. Wer das Zehn-Finger-System beherrscht und viel schreibt, für den ist das Truly Ergonomic Keyboard meiner Meinung nach dennoch ein Versuch wert. Einmal daran gewöhnt, sind die mechanischen Tasten einfach wesentlich angenehmer als die herkömmlicher Tastaturen.